Unsere fünfwöchige Reise von der Ost- an die Westküste Indiens hat begonnen! Nach vier intensiven Wochen in Sadhana Forest in Auroville, genießen wir jetzt etwas Entschleunigung, mehr Spontaneität und tiefere Einblicke in die indische Kultur.
Unser erstes Ziel lautete Hampi in Karnataka und dafür mussten wir einen Zwischenstopp in der Millionenstadt Bangalore einlegen. Mit einem “Sleeper”-Bus, der richtige Betten statt Sitze hat, sind wir nach Bangalore gekommen. So einen Bus hatten wir noch nie gesehen und ich war überrascht, dass unser Doppelbett mit Decken, Kissen und Vorhängen sogar recht bequem war. Nur Marco passte mit seinen 1,90 m natürlich nicht rein und musste sich verrenken um nicht festzustecken. Als die Fahrt gegen 23 Uhr los ging waren wir beide hundemüde und wollten schlafen. Doch Marco konnte einfach keine Position finden um sich auszuruhen und der ruppige, indische Fahrstil weckte mich stetig wieder auf. Der Bus beschleunigte immer wieder kräftig auf geschätzt 70 km/h, überholte in großen Bögen, die das riesige Gefährt beängstigend wanken ließen, hupte lautstark wie es sich für den hiesigen Verkehr so gehört und bremste regelmäßig abrupt ab. Ich fühlte mich leider überhaupt nicht wohl und den letzten Nerv raubte es mir, als es uns plötzlich beide für gefühlt 10 cm in die Luft hob, weil wir wohl über ein Schlagloch gefahren waren. Ich fühlte mich wie in einer Achterbahn und keiner von uns neiden konnte entspannt schlafen. Nach knapp sieben Stunden war es dann aber überstanden und wir kamen wohlbehalten an.
Bei Ankunft war es 6 Uhr morgens, dunkel, kühl und total hektisch am Busbahnhof in Bangalore. Natürlich standen dort gleich tüchtige Rikscha-Fahrer bereit, die uns befördern wollten. Wir hatten kein festes Ziel, nur eine Idee in welchen Stadtteil wir wollten, nämlich nach Koramangala, wo sich, laut Happy Cow zwei vegane Restaurants befinden. Außerdem hatten wir eine Adresse von einem bezahlbaren Gästehaus in dieser Gegend, bei dem wir es versuchen wollten. Entlang der Fahrt merkten wir schon, dass alles noch ziemlich unbelebt war. Was mich ein wenig wunderte, da ich in den letzten Wochen in Sadhana Forest nicht selten um 3 Uhr früh von Tempelmusik und hupenden Autos geweckt worden war und die Inder für rechte Frühaufsteher hielt…
Angekommen am Gästehaus, öffnete uns ein verschlafener, junger Mann und sagte, dass kein Zimmer mehr frei sei. Also mussten wir nach etwas Anderem suchen. Wir liefen eine große Runde mit unseren Backpacks und klapperten mehrere Gästehäuser ab. Doch leider waren alle ausgebucht oder viel zu teuer. Schlussendlich mussten wir dann ein für hiesige Verhältnisse völlig überteuertes Zimmer nehmen, das seinen Preis leider noch nicht einmal wert war. Aber gut, es war ja nur für eine Nacht und unsere müden Körper brauchten etwas Rast.
Nach einem kurzen Nickerchen vertrieben wir uns dann den weiteren Tag mit spazieren gehen und der etwas langwierigen Suche nach den beiden veganen Restaurants. Wir müssen wohl etwas planlos gewirkt haben, denn an einer Kreuzung fragte uns eine junge Engländerin, ob wir Hilfe bräuchten. Und wie es das Schicksal so wollte, war sie ebenfalls gerade auf dem Weg zu einem der Restaurants und selbst Veganerin 🙂 Was für eine Fügung! Zusammen mit Hannah verbrachten wir den Nachmittag im „Paradigm Shift“ bis abends ihr Freund Dominic dazu stieß. Wir aßen Papayasalat, knusprig gebratenen Tofu, Pizza mit Cashewkäse, Burger, Schoko- und Erdnusskaramell-Eiscreme. Lecker 🙂
Am nächsten Morgen starteten wir mit köstlicher Papaya und Cashewkernen unseren Tag und machten uns auf, um Zugtickets nach Hampi für den selben Abend zu besorgen. Das gestaltete sich gar nicht so einfach. Das indische Zugbuchungssystem ist nämlich total undurchsichtig und verwirrend. Die Sitzplätze werden nach verschiedenen Quoten verteilt. Wenn man nicht mindestens zwei Wochen vorher bucht, kann man einen Platz auf der Warteliste buchen, ohne am Ende sicher sein zu können, ob man den bereits bezahlten Platz auch bekommt. Die Vorstellung mit Sack und Pack am Hauptbahnhof zu stehen und dann möglicherweise keinen Platz im Zug zu bekommen war uns zu ungewiss. Also suchten wir eine kleine Reiseagentur auf. Die konnten uns aber nicht weiterhelfen und meinten, wir müssten selbst zu dem Buchungsbüro der indischen Bahn gehen. Gesagt, getan.
Nach einem 30-minütigen, strammen Fußmarsch kamen wir an einem wirren Gebäudekomplex an und bahnten uns dort unseren Weg zu diesem Ticketbüro. Anscheinend waren wir nicht die einzigen Zugfahrwilligen, der Raum war voll mit Indern die augenscheinlich brav darauf warteten, an einem der beiden besetzten Schalter bedient zu werden. Keine Ahnung wie das jetzt funktionieren sollte… Informationen gab es keine, es lagen nur lose Zettel auf Hindi herum, in die man wohl Fahrtziel und gewünschte Verbindung eintragen muss. Hilfe suchend fragten wir am Schalter nach und bekamen Auskunft. Leider gab es für den gewünschten Zug keine Tickets mehr, nur noch eine Warteliste. Der sehr nette Mann am Schalter gab uns den Tipp, dass wir als Ausländer eventuell noch Tickets in der bevorzugten “foreign tourist”-Kategorie bekommen könnten, wenn wir direkt zum Hauptbahnhof gingen. Das wollten wir versuchen… Die Fahrt dauerte fast eine Stunde, lohnte sich aber! Wir bekamen zwar keine Touristentickets mehr, dafür aber sogenannte „Tatkal“-Tickets, Lastminute-Tickets sozusagen, die nur einen minimalen Aufpreis kosteten. Juhuuuu, wir hatten es geschafft!
Nach dem erfolgreichen Ticketkauf trafen wir uns wieder mit Hannah und Dominic im veganen Restaurant „Carrots“ zum Mittagessen. Wir bestellten unter Anderem die Spezialität des Hauses „gebratene Melone und Tofu mit Kartoffelpüree, Gemüse und Dattelsirup“, Schoko-Brownie und Kaffee mit besonders leckerer, hausgemachter „Schlagsahne“.
Eine der beiden Besitzerinnen stellte sich uns vor und wir tauschten uns ein wenig über die Erfolge der Tierrechtsarbeit in unseren jeweiligen Ländern aus. Danach gingen wir noch alle vier für einen großen Spaziergang in den nahe gelegenen botanischen Garten. Der riesige Park liegt mitten im Zentrum und eignet sich perfekt für eine Auszeit vom hektischen Treiben der Großstadt. Es gibt einen erhöhten Aussichtspunkt, einen großen Teich mit Seerosen, farbenfrohe Vögel und riesige Kokospalmen.
Nach dem entspannten Nachmittag mit den beiden Engländern verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Weg zum Zug. In einem vegetarischen Restaurant mampften wir uns noch einmal mit indischen Leckereien voll und traten dann die Weiterreise nach Hampi an. Und so gings weiter…